Willkommen zum ersten Me made Mittwoch im kalendarischen Herbst! Ein Blick auf die Wetterkarte verrät, dass es im Süden durchaus noch Sonne und spätsommerliche Temperaturen gibt - hier in Berlin hat es gestern den ganzen Tag geregnet und in der Mittagspause schnitten wir den ersten Honigkuchen des Jahres an. Ich (Lucy/Nahtzugabe) trage ein Kleid aus dickem hellgrauen Jersey mit petrolblauen Punkten, das schon vor einigen Wochen fertig wurde.
Mit den Jerseykleidern ist es ja wohl so ähnlich wie mit Rosinen im Käsekuchen: entweder man fliegt total drauf und kann sich einen Käsekuchen ohne Rosinen respektive ein Leben ohne Jerseykleider gar nicht vorstellen, oder man nimmt die Rosinen halt in Kauf und findet Jerseykleider zwar tragbar, aber nicht begeisternd.
Ich zähle mich zur Webwarefraktion (und ohne Rosinen, bitte), denn ich besitze nur noch ein weiteres gekauftes Jerseykleid, das ich nicht oft anziehe, dachte bei diesem Stoff aus meinem Lager aber: Probier es einfach mal, so viele Leute nähen und tragen Jerseykleider, vielleicht ist ja doch was dran.
Der Schnitt ist eine gefrankensteinte Kombination aus einem Brigitte-Schnitt von 1973 (Oberteil) und dem Rockteil des kostenlosen Jerseykleidschnitts Vichy, Ärmel- und Ausschnittbündchen aus einfarbig grauem Jersey. In der Naht zwischen Oberteil und Rockteil ist ein grauer Jerseystreifen so wie eine Paspel mitgefasst. Vichy fällt klein aus, aber das wisst ihr sicher alle schon!
Das ist der Oberteilschnitt, eigentlich ein gerades Jerseykleid mit Raglanärmeln. "Brigittes schneller Schnitt" war eine Serie in der Brigitte etwa zwischen 1971 und 1974, in jedem Heft gab es ein Schnittmuster für die einzelnen Teile einer Grundgarderobe. Auf der Rückseite der vierfach gefalteten Beilage ist der Schnittbogen und die Anleitung, auf der Außenseite wurde das Modell aus verschiedenen Stoffen und mit ein paar Schnittvariationen gezeigt.
Das Oberteil ist eine gute Entdeckung, der Schnitt sitzt bei mir im Schulterbereich erheblich besser als ein Raglanschnitt aus einer älteren Ottobre, den ich kürzlich auch ausprobiert hatte. Weil ich nur 1,60 m Stoff hatte, musste ich das Rückenteil mit Mittelnaht zuschneiden. (Der komische schwarze Streifen, der auf allen Bildern am Ausschnitt aus dem Kleid rausguckt, stammt von dem schwarzen Tshirt, das ich darunter trage. Ich bemerkte erst eine Stunde nach den Fotos, dass ich es verkehrtherum - Rückenteil nach vorne - angezogen hatte. Witze über zerstreute Wissenschaftler dürfen gerne in den Kommentaren hinterlassen werrden!)
Wenn ich dann rausgehe, trage ich noch eine schwarze Strickjacke dazu, vor einigen Jahren selbstgemacht nach einer Anleitung von Für Sie, die leider nicht mehr online verfügbar ist. Und noch ein paar Punkte in Form eines stoffbezogenen Buttons.
Das Jerseykleid- Tragegefühl finde ich jetzt übrigens ganz in Ordnung. Ein bißchen irritierend ist höchstens, dass sich die obere Körperhälfte mit Strickjacke ziemlich angezogen anfühlt, die untere Körperhälfte aber nicht, trotz Unterrock aus flutschigem Wirkfutter und Strumpfhosen. Aber wenn ich die Bilder anschaue - es ist ja immer gut, die eigenen Sachen mal quasi von außen zu sehen - dann gefällt mir das Kleid. Wenn ich das Tshirt richtig herum anziehe so dass man es nicht sieht, und statt Strickjacke vielleicht einen dunklen Blazer dazu trage, könnte ich es mir auch für formellere Anlässe als Schreibtischsitzen vorstellen - trotz Jersey und trotz Punkten.
Und bei euch? Noch Spätsommer oder schon Frühherbst? Jersey oder Webware? Zeigt es uns!