Mittwoch, 29. Mai 2013

Me Made Mittwoch am 29. Mai 2013

Bonjour tout le monde,

ich (Juli, Kirschenkind) schicke heute gut gelaunte Grüße aus einem ausnahmsweise sonnigen Norden und verspreche hiermit, dass dies die letzte (klagende) Referenz auf das allgemein so mistige Wetter darstellen wird, die ihr in meinem heutigen Beitrag zu lesen bekommt. Also, vermutlich zumindest.

Wie hier beschrieben war ich am Wochenende in Berlin und bin trotz vorheriger Arbeitssituation mit meiner Nähmaschine angereist. Das Herz ist genau wie seine Besitzerin recht reisefreudig und mittlerweile habe ich dann auch raus, welche Teile ich abschrauben muss, um heile am gewünschten Ort anzukommen. Die besagten Schrauben, Spulenhalter etc. habe ich nämlich alle bereits ein zweites Mal anschaffen dürfen, Versuch macht kluch und so. Am Samstag ging es in einer verkleinerten Runde der MMM-Crew an die Maschinen und wir hatten einen wunderbaren Vor- und Nachmittag, begleitet vom Sound des Berliner Regens.

Nun wurde das Rattern der Maschinen nicht ausschließlich durch das "tip tap tip" des Regens unterstützt, nein, es gab auch noch ein ausgewähltes Programm musikalischer Köstlichkeiten, dem wir uns summend, singend und teilweise leicht leidend hingaben. Wie nachhaltig unser Nähkränzchen wirkte, wurde mir zum ersten Mal bewusst, als ich am Sonntagabend - wieder in heimischen Gefilden - an der Maschine saß, um das heutige Kleid fertigzustellen. Zack, diesen einen deutschen Sänger im Ohr. Montagabend stecke ich das Schrägband und summe "und über Liebe wusste ich nicht viiiel". Gerade schreibe ich das Posting und...? Na sicher. Ohrwurm. Direkt verknüpft mit dem Anblick des neuen Kleids, klassische Konditionierung at its best. Nun, nach einem ersten Seufzen habe ich entschieden, mein Schicksal anzunehmen und dem neuen Kleid einen passenden Namen zu verpassen. Bevor wir aber dazu kommen, zeige ich zunächst einmal, wovon ich spreche.




Der Schnitt stammt aus einer Knip (September 2011) und ich sah ihn zum ersten Mal live bei Julia anlässlich des ersten Bloggerinnentreffens im Jahr 2011. Ich war total verliebt in die schmale Taille, den bauschigen Rock und Julias Paspelierungen. Netterweise schickte sie mir den Schnitt und ich nähte mein Weihnachtskleid 2011 und noch eine weitere winterliche Variante aus dickem Baumwollstoff. Schon Anfang diesen Jahres kündigte ich eine weitere Variante an, sommerlich in mint, rot und weiß, wie ein Pfefferminzbonbon. Nachdem ich vor einiger Zeit einen neuen Petticoat erstanden hatte, wurde die Begierde etwas dringlicher und nun endlich in Berlin umgesetzt.





Der Schnitt ist total, total einfach und geht wahnsinnig fix. Ich muss außer der Länge des Oberteil nichts ändern und das kürze ich (wie bei jedem Kleid aus der Knip) um ca. zwei bis drei Zentimeter, so dass die Taille richtig sitzt. Die Anleitung für die Paspeln aus Schrägband und Wolle stammt von Lucy, ihr findet sie hier. Aufgrund der sommerlichen Ausrichtung habe ich den Ausschnitt noch ein wenig vergrößert. Das Baumwollleinen ist von Stoff und Stil. Heute muss ich das Kleid noch mit Strümpfen und Strickjacke kombinieren, aber ich bin mir sicher, das ändert sich quasi sofort. Im Januar plante ich es zumindest mit nackten Beinen...



Petticoat? Na sicher!



Ich besitze ein Würstchenkleid, einen Dissonanzreduktionsrock und ein Zungenkleid. Und wer errät, wie dieses Kleid - angelehnt an den oben angedeuteten Ohrwurm - wohl heißt? Ich bin gespannt, ob es jemand weiß!

P.S.: Ich war sehr gespannt, das Kleid zu tragen, es ist durch die Farbe tatsächlich auffällig und ich habe selten so viele Reaktionen erhalten wie heute. Die lustigsten: 1) "Du siehst aus wie Alice im Wunderland" (Mitpendlerin), 2) "Sie sehen aus wie Schneewittchen! Auch die Haare!" (Kioskfrau). Märchenkleid ginge also auch.

Nun aber erst einmal herzlich Willkomen beim heutigen Me Made Mittwoch am 29. Mai 2013!

Mittwoch, 22. Mai 2013

Me Made Mittwoch am 22.5.2013


Willkommen zum heutige Me Made Mittwoch. Ich bin Catherine  von Allures-und-Coutures - neuerdings, denn ich bin erst vor vier Wchen mit meinem Blog von der Cat-und-Kascha Adresse dorthin umgezogen. Geändert hat sich außer dem Namen nichts und folgerichtig zeige ich euch heute mal wieder ein Kleid nach einem Original Vintage Schnitt.

Der Frühling ist hier im Osten (Entschuldigung in andere Regionen, dafür hatten wir Ostern noch Schnee!) fleißig gewesen und hat uns vergangene Woche allerschönste Sonnentage geschenkt. Eine Wohltat nach dem langen Winter und dazu sehr inspirierend, luftige Sommerkleider zu nähen.


Der Schnitt zu diesem Kleid wurde mir von einer Leserin meines Blogs geschenkt (noch mal vielen vielen Dank, falls du noch mitliest!) und lag skandalös lange auf dem Stapel "Muss ich unbedingt nähen, ganz bald!". Leider ist das auch einer meiner größten Stapel.



Auf dem Schnitt konnte ich keine Angabe finden, von wann er genau ist, ich schätze ihn auf Mitte der 50er. Er war unbenutzt und in einem sehr guten Zustand und kam praktisch ohne Nähanleitung und nur mit minimalen Angaben auf den Schnittteilen (die Angaben sehen aus, als seien sie von Hand aufgestempelt). Mehr als "Einhalten" oder "Vordere Mitte im Bruch" ist nicht zu erfahren. Mit den Belegen konnte ich gar nichts anfangen und habe selbst welche gemacht. Bei der Gelegenheit habe ich auch den Ausschnittschlitz etwas vergrößert. Ansonsten habe ich ohne Änderungen nach meinem üblichen Kleiderschema genäht.


Am Saum habe ich ein bisschen mehr Länge zugegeben, das mache ich immer - ein Glück, denn sonst wär das Kleid für meinen Geschmack etwas zu kurz geworden. Abgesehen von dieser minimalen Änderung passte es sofort. Und es gefiel mir auch sofort, sehr sogar. Ein perfektes Sommerkleid für jede Gelegenheit, vom Büro übers Kino bis hin zum Strand (vielleicht mit einem Chiffonschal um den Kopf)  oder dem Flanieren im Ferienort - das Kleid kann alles. Quasi das Drei-Wetter-Taft unter den Sommerkleidern.


Hier noch mal der Stoff und das Oberteil von Nahem. Bei einem Marktbummel mit einigen Bloggerinnen kam ich in den Genuß einer guten Beratung, ich war nämlich mal wieder zielstrebig in der himmelblauen Abteilung unterwegs. Dabei will ich gar nichts Blaues mehr, ich habe zig blaue Kleider und ich möchte mal ein bisschen von dem eingeübten Beuteschema weg. Diesen tollen Rosenstoff habe ich gar nicht zur Kenntnis genommen, wurde aber von Lotti darauf aufmerksam gemacht und jetzt freu ich mich. Stoff und Schnitt, die beiden mussten einfach zusammenfinden. Danke Lotti!


So, fehlt noch was? Nur noch eins, der Rock ist ein halber Teller, ich habe ein Petticoat dazu an und wenn ich will, kann die ganze Geschichte ordentlich fliegen!


Und jetzt freu ich mich auf Eure Beiträge!

Mittwoch, 15. Mai 2013

Me made Mittwoch am 15.Mai 2013

Ein herzliches Hallo in die Runde. Ich bin Wiebke und blogge sonst auf "Kreuzberger Nähte".
Für mich als Stier ist der Mai natürlich generell ein sehr schöner Monat Und in Jahren, in denen nicht durch seltsame Großwetterlagen alles durcheinandergeraten ist, haben wir alle Anfang Mai meistens angenehm warme Frühlingstage, die ersten lauen Abende, Blütenduft und frohgemutes Hummelsummen. 
Nun gut, dieses Jahr ist alles ein bißchen anders....aber Geburtstag habe ich natürlich trotzdem gehabt (und die Sonne schien sogar zwischendurch auch mal)

Mein Geburtstag fiel dieses Jahr mehr oder weniger mit einer anderen ungezwungenen Familienfeier zusammen. Ein Grund, mir diesmal wirklich endlich mal ein Geburtstagskleid zu nähen. Es sollte etwas Schickes aber auch Unkomplziertes sein. Was lag da näher als ein schwarzes Jerseykleid mit schönen Details?

Das Kleid hat sich mitterlweile als so unkompliziert und bequem erwiesen, dass ich es nicht für Besser aufheben brauche, sondern auf jeden Fall auch im "gehobenen" Alltag tragen kann. Styling und Frisur können den Unterschied machen. Müssen aber nicht mal.
Heute ist ein Tag, an dem ich nach ein bißchen Schreibtischarbeit und dem Durchgucken von MMM-Beiträgen eine Verabredung zu einem gepflegten Mittagessen habe. 
Und heute abend werde ich natürlich anstossen auf all die heutigen Geburtstagskinder! Gratulation!


Der Schnitt lag schon etwas länger ganz oben auf meinem Näh-mich-Stapel. Er ist aus der Patrones Nr.284, welche ich hier gesehen habe und mir ausleihen durfte.:))

Die im Heft vorhandenen Größen 40-44-48 sind spanische Konfektionsgrößen, die von den deutschen abweichen. Ich habe die 40 genäht und würde sagen, dass diese einer deutschen 36-38 entspricht. (müsste man mal auf den Preisetiketten z.B. bei Zara gucken, da stehen die verschiedenen Größen ja  auch immer drauf!)

Eine gemusterte Version dieses Schnitts hatte ich zur Probe (auch schon fast fertig gesäumt- hüstel) genäht und dabei festgestellt, dass ich in der Länge des Oberteils noch ein ganzes Stück wegnehmen muss.

Das Kleid näht sich im Prinzip recht leicht und auch die spanische Anleitung ( wie nützlich doch -selbst nach Jahrzehnten- ein Semester Spanisch für Anfänger sein kann!) war verständlich. Der zu Rat gezogene inernet-translator hat hingegen ganz offensichtlich keine Ahnung vom Nähen.
Eine richtige Herausforderung war das Einlegen der jeweils 5 Kellerfalten im vorderen Oberteil sowie den beiden Rockteilen. Ich habe die Falten in dem leichten Jerseystoff tatsächlich ordentlich geheftet, anders hätte ich es nicht hinbekommen, dass die Falten  -durch die beiden Cinturillas/ Taillenteile gertrennt- sich vernünftig von oben nach unten fortsetzen.

Die Schluppe wird rundherum am Ausschnitt angenäht und kann lose hängend oder zur Schleife gebunden getragen werden.

Der Jersey ist ein ganz leichter fluffiger Viscose-stretch, der mir allerdings für das Taillenband nicht stabil genug schien. Ich habe überlegt, ihn dort doppelt zu nehmen. Konnte dann aber -weil schwarz ist schwarz- ein Stück einer anderen, dickeren Jerseyqualität aus meiner Restetüte verwenden.



Ich bin mir jetzt schon sicher, dass dieses Kleid ein absolutes Lieblingsteil in meinem Schrank werden wird. Diese glücklichmachende Kombination aus unkompliziert, pflegeleicht und raffiniert, aus Anlass- und Alltags-tauglich, die gibt es nicht allzu oft. .Ich glaube, in der Konfektion wird so etwas gerne "Kofferkleid" genannt. Oder habt ihr da andere Informationen?

Ein ähnlich heißgeliebtes "Koffer-"Kleid habe ich in diesem hier:
schwarze Variante vom jurk 27 / Foto geschossen 
bei den Aufnahmen zum Spendensong

Was ist für euch alltagstauglich? Was ist unkompliziert? Oder habt ihr heute was Besonderes vor?
Reiht euch ein, der Reigen ist eröffnet:



Donnerstag, 9. Mai 2013

Wo sind eigentlich die Frauen? DIY-Blogs, der Me Made Mittwoch und die unsichtbare Macht im Internet

Liebe Freundinnen des Me Made Mittwochs,

wir, die Me Made Mittwoch Crew, sind stolz darauf, was für eine große und wertvolle Veranstaltung wir wöchentlich gemeinsam mit Euch auf die Beine stellen. Wir sind nicht nur stolz darauf, wie regelmäßig eine große Gruppe an Me Made-Selbermacherinnen immer wieder dieses Event bereichert, sondern freuen uns auch sehr darüber, wirklich jede Woche mehr als eine Handvoll  neue Teilnehmerinnen begrüßen zu können. Wie schön ist das denn?!

Eine quantitative Analyse, wie viele Teilnehmerinnen wir insgesamt bisher hatten oder wie viel Prozent Neu-Einsteigerinnen etc. haben wir nicht gemacht, aber wir begleiten den MMM mit qualitativem Interesse. Wir machen uns Gedanken darüber, was diese Aktion für die vielen Einzelnen aber auch für das große Ganze bedeutet. In diesem Sinne hatten wir euch im Januar um Feedback gebeten und uns sehr über Eure Antworten gefreut, zeigten sie uns doch, dass mit dem MMM offenbar etwas Besonderes für viele von Euch entstanden ist. 

Daraus entstand ein  Vortrags-Entwurf für die re:publica, die größte deutsche Internet-Konferenz, die diese Woche in Berlin stattgefunden hat. Wir waren der Meinung, die große und vielfältige Szene der DIY Blogs darf bei einer solchen Veranstaltung nicht fehlen - schließlich fragt doch alle Welt nach den bloggenden Frauen: Wo sind sie denn? Haben sie nur Katzen, Kinder und Kuchen im Kopf? Haben sie überhaupt Relevantens beizutragen, die Nähmuttis? Wir wollten zeigen, dass wir da sind, dass wir viele sind und dass es bei uns nichts zu belächeln, aber viel zu lernen gibt  – leider wurde unser Beitrag abgelehnt

Da wir unsere Gedanken über den MMM gerne mit Euch und mit Anderen teilen wollen, sollen sie nicht in der digitalen Schublade verschwinden. Hier sind sie. Wir sind sehr gespannt, was ihr dazu sagt. 

<3!

die MMM-Crew

Wo sind eigentlich die Frauen? DIY-Blogs, der Me Made Mittwoch und die unsichtbare Macht im Internet

 

Während Blogs angeblich gegenüber Facebook und Microblogging aus der Mode kommen, hat sich im Bereich der Do-It-Yourself-Blogs (DIY-Blogs) eine große, eng vernetzte, differenzierte, von Frauen dominierte Szene entwickelt, die mit enormen Zugriffszahlen aufwartet.

Von der größeren Netzöffentlichkeit weitgehend unbeachtet, geht es bei Gemeinschaftsaktionen von Selbermacherinnen wie dem Me Made Mittwoch längst nicht mehr nur um die Sammlung und den Austausch themenspezifischen Wissens. Mit ähnlicher Intention wie #609060 bei Twitter, einer von der Bloggerin Journelle ins Leben gerufenen Bildersammlung von Alltagskleidung, aber früher und radikaler als das Mem, setzt der MMM als größte und bekannteste Vernetzungsaktion der DIY-Bloggerinnen-Szene den Zuschreibungen, wie Frauen auszusehen haben, Woche für Woche hundertfach eigene Bilder entgegen.

Verborgen im Netz? Frauen bloggen und zwar eine ganze Menge!

 

Das Selbermachen wurde von den etablierten Medien und der Wirtschaft in den letzten Jahren als Trend erkannt: Stricken und Nähen gelten wieder als schick, als coole Freizeitbeschäftigung für urbane Menschen. Designer großer Kollektionen nehmen Inspirationen aus der DIY-Welt auf und „habe ich selbstgemacht“ ist in den letzten Jahren zum Prädikat geworden. DIY-Blogs stellen einen Motor dieses neuen öffentlichen Interesses an Handarbeiten dar. Was den Weg in die Presse, ins Fernsehen oder in die Läden findet, hat zumeist im Internet seinen Anfang genommen. Blogs sind das Medium, mit dem die deutschsprachige DIY-Szene vorrangig kommuniziert, und die meisten dieser Blogs werden von Frauen geführt.

Die Szene der DIY-Blogs ist in sich stark ausdifferenziert: Neben Blogs, die konkretes Know-How weitergeben und in Tutorials und Anleitungen technisches Wissen vermitteln, tritt das Blog als Marketinginstrument oder Portfolio auf, in dem für das eigene Kleinstunternehmen bei Dawanda oder etsy geworben wird. Neben Blogs, die mit dem klaren Ziel geführt werden, Einkommen über Anzeigenwerbung zu generieren, gibt es eine Vielzahl privater Blogs, denen es vorrangig um Selbstreflexion und Austausch von Wissen und Erfahrungen geht.

DIY-Blogs sind gut vernetzt und arbeiten mit der Währung Anerkennung. Kommentare und Verlinkungen produzieren ein gutes Gefühl und sind oft der „Lohn für die Arbeit“. Lernen, miteinander und voneinander, steht im Vordergrund. Vertrauen und Wohlwollen sind der Kitt, der die vernetzte Gemeinschaft zusammenhält. Es geht um Unterstützung, Stärkung und Empowerment - dezidiert auch in Abgrenzung zum herrschenden Modediktat und der damit einhergehenden Normierung weiblicher Körper. Die Weitergabe von Wissen ersetzt dabei die zum großen Teil verloren gegangene Übermittlung von Wissen und Erfahrungen von Generation zu Generation. Link-Sammel-Aktionen verbinden die Teilnehmerinnen sowie das in den Blogs gesammelte Wissen zu einem großen Ganzen und schaffen zugleich etwas Neues.

Wir produzieren Content, Dinge und unser eigenes Frauenbild

 

Näh- und Strickbloggerinnen sind in mehrfacher Hinsicht Produzentinnen: nicht nur als Blogautorinnen und als Herstellerinnen konkreter Objekte, sondern auch als Produzentinnen ihres eigenen Selbstbildes.

Kleidung als die äußere, sichtbare Hülle der Person, die zu einem großen Teil bestimmt, wie die Person wahrgenommen wird, ist ein Mittel des Selbstausdrucks. Durch das Herstellen der eigenen Kleidung nach eigener Vorstellung, unabhängig von Modediktaten und dem Angebot in den Läden, wird das Selbstbild aktiv gestaltet. Anders als herkömmliche Modeblogs, die sich häufig an einer Imitation der von Frauenzeitschriften und Bekleidungsindustrie vorgeprägten Muster und Posen versuchen, schaffen sich Näh- und Strickblogs ihr eigenes Bezugssystem und ihr eigenes Bilderarsenal. Diese Blogs sind von Hypes und Moden nicht frei, sie entstehen aber im Zuge der Vernetzung „von unten“, aus der Bewegung selbst und lassen sich nur bedingt steuern.

Der Me Made Mittwoch - „Ihr seid doch alle Individuen!“

 

Der Me Made Mittwoch (MMM), eine wöchentlich stattfindende Blogaktion mit jeweils ca. 150 aktiven Teilnehmerinnen und zehntausenden BesucherInnen, ist der sichtbare Ausdruck dieses Netzwerks, das eine beträchtliche Ausstrahlung entfaltet und Woche für Woche neue Teilnehmerinnen und BesucherInnen anzieht.
  • ca. 70.000 Seitenaufrufe im Monat
  • durchschnittlich 8000-10.000 Seitenaufrufe jeden Mittwoch
  • ca. 520.000 Seitenaufrufe seit Beginn des Me Made Mittwoch-Blogs am 27.08.2012
  • den Me Made Mittwoch gibt es seit März 2010, bis August 2012 organisiert von allures-und-couture.blogspot.de

Die Teilnehmerinnen des MMM präsentieren selbst gemachte Kleidung an sich selbst, tauschen sich über Herstellungs- und Entscheidungsprozesse aus, stellen Optionen zu Diskussion, erfahren gegenseitige Bestärkung und Beachtung. Durch das Präsentieren der selbstgemachten Kleidungsstücke am eigenen Körper, stellt sich die „Produzentin“ selbst in den Kontext mit dem Werk und damit in den Vordergrund. Passung bezieht sich nicht nur auf die Passform des Kleidungsstücks und das handwerkliche Geschick, das dazu eingesetzt wurde, sondern bezieht sich auch auf das Aussehen, das Alter sowie die Lebensumstände der Frau. „Echte Menschen“ haben weit höhere Ansprüche an schöne, passende und praktische Kleider als Schaufensterpuppen und Models  – selbstgemachte Kleidung ermöglicht es den Frauen, den Spagat zwischen verschiedenen Lebenssituationen zu meistern, selbst zu definieren, was für sie adäquat ist und das eigene, innere Bild und das Äußere zur Deckung zu bringen.

Die Teilnehmerinnen werden in dieser gemeinschaftlichen Suche nach Lösungen zu Autorinnen, Näh- und Strickexpertinnen, Fotografinnen, Stilratgeberinnen und erfahren sich selbst als kompetente Persönlichkeiten. Das Beispiel anderer Selbernäherinnen regt dazu an, die eigenen Möglichkeiten und das eigene Bild zu überdenken, andere Handlungsoptionen kennenzulernen und auszuprobieren. Häufig wirkt die Vernetzung über den Me made Mittwoch als Initialzündung für Veränderungen in konkreten Lebensbereichen: Neben zahlreicheren kleineren virtuellen Zirkeln entstehen reale Zusammenkünfte. Die Auseinandersetzung mit den Herstellungsprozessen von Kleidung sensibilisiert für die Bedingungen und Folgen von Massenproduktion und -Konsum.

Einfach machen! Eine Bewegung ohne Gegner und ohne Kampf

 

Der Kampf gegen die „Photoshop-isierung der Welt“ wurde nicht ausgerufen - statt sich gegen etwas aufzulehnen und sich daran abzuarbeiten, bieten das Selbermachen von Kleidung, das darüber Bloggen und der Me Made Mittwoch eine Gelegenheit aktiv zu werden und für sich selbst etwas zu ändern. Die Einzelne, die für sich passende Kleidung erschafft, um nach außen hin das zu zeigen, was sie aussagen möchte, hat sich selbst damit gestärkt und ermächtigt. Die Einordnung in die Galerie der selbstbestimmten Selbermacherinnen im Rahmen des Me Made Mittwochs gibt die Bestätigung, nicht alleine damit zu sein.

Diese Galerie mit Bildern „echter Frauen“, die ihren eigenen Kopf und Stil haben, verändert aber noch mehr. Wer Woche für Woche Zeit damit zubringt, „echte Menschen“ anzuschauen, schwächt damit die tief verwurzelte aber unbewusst verankerte Überzeugung, dass eine normale Frau aussehen muss, wie die ge-fotoshopten Kunstgeschöpfe in den Medien. Das scheinbar „Normale“ wird ersetzt durch das wirkliche Leben, das durch die Vielfalt der Erscheinungsmöglichkeiten einen neuen Entscheidungsraum bietet. Frauen übernehmen damit selbst die Deutungshoheit über ihr eigenes Bild.

Eine Bewegung?

 

Wir als Me Made Mittwoch-Crew, die den MMM organisiert, sehen hinter der Freude der Einzelnen, über das, was sie durch die Teilnahme am MMM an Wertschätzung, Wissen und Ideen erhält hinaus, einen Trend, eine Veränderung, die mit dem offenen Kollektiv, dem Netzwerk an Teilnehmerinnen zu tun hat. An uns selbst, aber auch an Teilnehmerinnen, die in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen an der virtuellen Zusammenkunft teilnehmen, beobachten wir deutlich sichtbare Veränderungen der äußeren Erscheinung und der der Person innewohnenden Haltung. Mehr Selbstbewusstsein und mehr Bewusstsein werden durch diese Kombination aus Selbermachen und Zusammenkunft geschaffen.

Diese neue Form weiblicher Selbstorganisation im Netz ist bislang wenig zur Kenntnis genommen worden. Das möchten wir ändern, denn DIY ist nicht nur das Umhäkeln von Laternenpfählen! DIY-Blogs und die Vernetzung über Aktionen wie den Me Made Mittwoch sind das Medium und der Ausdruck einer neuen Spielart der Frauenbewegung, die über die Generationen hinweg stattfindet. Der Feminismus klassischer Prägung wird dort nur selten thematisiert, aber „Frau sein“ - in dieser Gesellschaft und der Netzöffentlichkeit leben, wirken, sie mitgestalten - spielt stets eine Rolle.

Mittwoch, 8. Mai 2013

Me Made Mittwoch am 8. Mai 2013




Statt auf der re:publica, trage ich heute Vormittag mein neues Kleid - einfach nur zu meiner eigenen Freude - und nur für mich im Homeoffice. Heute Abend wird es dann noch schön zum Essen und anschließend ins Theater ausgeführt. Vier Stunden "Brüder Karamasow" stehen auf dem Programm und obwohl ich mich schon sehr darauf freue, frage ich mich, wie ich vier Stunden Stillsitzen ohne Strickzeug aushalten soll. Wichtigstes Kriterium an das Outfit: es darf nichts drücken und zwängen beim langen Stillsitzen Kulturgenuß nach dem Essen. Das dürfte im Jerseykleid gewährleistet sein.




Obwohl der Schnitt Ajaccio von der Schnittquelle schon letztes Jahr erschienen ist und ich ihn schon damals auf verschiedenen Blogs bewunderte, raffte ich mich erst dieses Jahr dazu auf, ihn zu nähen. Wenn ich mich recht erinnere, wurden die "großen Größen" auch erst einige Zeit nach Verkaufsstart angeboten. Für mich ist Ajaccio "das neue Knotenkleid". Von Weitem sehen mein Knotenkleid aus der Knipmode und Ajaccio sehr ähnlich aus, die Raffung am Vorderteil macht eine schöne Passform; betont die Stärken und überspielt, falls es was zu überspielen geben sollte.




Ich war und bin schon immer ein Fan von Knotenkleidern gewesen - wohlwissend, dass es viele von Euch gibt, die Knotenkleider nicht mögen oder nicht mehr sehen können. Ajaccio gefällt mir aber noch ein Quentchen besser, denn der Rock schwingt so schön. Da werden sicherlich noch einige Kleider nach dem Schnitt folgen - schließlich brauche ich auch irgendwann Jerseykleider mit kurzen Ärmeln. Als "Frau mittleren Alters" habe ich mich jetzt aber erstmal für die vorteilhafteren "nicht-Fisch-und-nicht-Fleisch" Dreiviertelärmel entschieden, bei denen ich mir wahlweise einreden kann, dass sie warm genug bzw. kurz genug sind.





Schnitt: Ajaccio von der Schnittquelle
Material: Viscosejersey
Änderungen: die langen Ärmel habe ich gemacht, indem ich die Ärmel von einem anderen Jersekleidschnittmuster genommen und mit den kurzen Ärmeln von Ajaccion zusammengebastelt habe. Das obere Vorderteil habe ich ein kleines bißchen vergrößert. Außerdem habe ich auf die Schulternähte und den hinteren Ausschnitt Nahtband gebügelt.
Werde ich noch mal machen: auf jeden Fall!

Und das hier unten, ist das von mir auch sehr geliebte Probekleid. Am Samstag genäht, Sonntags begeistert getragen und Sonntag abend gleich das Nächste zugeschnitten. Das war auch gut so, denn der hinreißenden Ginsterjersey, in den bezaubernden Farben, wäre sonst wahrscheinlich über Jahre im Lager liegen geschont geblieben. Ich bin so verliebt in den Ginsterjersey und sehr glücklich, so schnell den passenden Schnitt dafür gefunden zu haben. Aber das Sonntagskleidchen liebe ich auch.



Mein neuer Lieblingsschnitt. Einfach zu nähen (Tutorial hier), nett anzusehen, bequem. Was will frau mehr!

Und ihr so? Noch langarm oder schon kurzarm?

Denkt ihr bitte daran, einen Link zum MMM-Blog in eueren Beitrag einzufügen?! Danke!


Mittwoch, 1. Mai 2013

Me Made Mittwoch am 1. Mai


Ich freue mich sehr, heute den Tanz in den Mai anzuführen. Mein Name ist Melleni und ich schreibe sonst auf *talentfreischoen* über Lust und Leid mit dem schönsten Hobby der Welt, wie es Caterhine gerade sehr treffend beschrieben hat.

Bevor ich jedoch mit dem Tänzchen beginne möchte ich noch ein Versprechen einlösen: Vor zwei Wochen hatte ich dieses Kleid vorgestellt und mich (und Euch) gefragt, ob ich es zur anstehenden Konferenz tragen kann. Mehrheitlich wurde mir zum Mut zur Farbe geraten und zum Aufmöbeln der eher grauschwarzen Einheitsuniform.

Nun, ich muss hier gestehen: ich war nicht mutig (genug) und habe an allen drei Tagen andere Kleidung gewählt: zunächst ging ich in Rock und Blazer (leider ohne Foto) und an Tag 2 war ich dann halbmutig und trug immerhin die etwas dezentere Variante des Kleides. Ich hab mich wohlgefühlt mit dieser Mischung aus schick und - dennoch - angemessen.

Witzigerweise hat eine MMM-Leserin aus den wenigen Angaben, die ich zur Konferenz gemacht habe, haarscharf kombiniert, dass wir auf der gleichen Veranstaltung waren. Mannometer, man muss doch aufpassen, was man so schreibt, ist halt doch nicht ganz privat hier, der Rahmen. Immerhin war es ein sehr netter Kontakt, der sich daraus entwickelt hat. Gruß nach Leipzig!

Jetzt aber: 1. Mai.

Es gibt ja viele Möglichkeiten den Tag der Arbeit - oder, wie er in NRW pathetisch heißt: den "Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde" - zu begehen, etwa indem man an einer der Mai-Kundgebungen teilnimmt und sich so beispielsweise für Mindestlöhne einsetzt. Oder, wenn man in Berlin lebt, kann man mit mehreren hunderttausend Leuten das 11. MyFest feiern, eine der zahlreichen Alternativen besuchen, etwa die Neuköllner Maientage oder das Kinderfest Mai-Fest in der Ufa-Fabrik oder sich die Krawalle in Kreuzberg, Friedrichshain und - ganz neu - Wedding aus nächster Nähe angucken. Kann man alles machen. 

Man kann aber natürlich auch ausschlafen - etwa weil man am Tag zuvor Walpurgisnacht gefeiert hat - und den Tag mit Müßiggang verbringen, was, wie ich finde, sehr passend ist für diesen Tag. Und sich über einen freien Tag freuen, der einem die Arbeitswoche verkürzt. Oder man kann einen Ausflug machen - das Wetter soll ja, zumindest in Berlin, schön werden.

So werden wir es halten und unseren Tag beim Radio1 Segeltag verbringen. (Ohje, jetzt werde ich bestimmt wieder erkannt.... :)

Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt werde ich wohl diese maritime Kombi wählen:
 Obwohl ich ganz schön mit dem Kleid hadere...
Es ist der bekannte Schnitt Nr. 105 aus dem letztjährigen Sommer-Sonderheft der Knip. Im letzten Jahr hab ich mir ein "Schützenfestkleid" daraus genäht, das ich dieses Jahr schon aussorteirt habe. Es ist einfach zu knapp.

Für diese Variante hier habe ich deshalb gleich eine Größe größer zugeschnitten. Das Material ist ein wunderbarer Stoff mit unklarer Zusammensetzung, auf jeden Fall ziemlich edel.

Genäht habe ich das Kleid an meinem freien Nähsamstag und mit Unterstützung von Lucy - sie "musste" mich ein wenig beim Reverskragen anstubsen.

Nun ist das Kleid fertig und ich fremdel doch arg.

Frau Knopfs Kleider (hier und hier) gefallen mir doch um einiges besser.

Ich finde die Armlösung nicht sehr vorteilhaft. Das Kleid wirft unschöne Falten im Oberteil. Der Kragen verzieht sich regelmäßig. Und insgesamt ist das Oberteil nicht wirklich vorteilhaft. Kurz und ungut: Ich zuppel ständig an mir rum. Mit Jäckchen hingegen finde ich es hübsch.


Wer jetzt immer noch nicht weiß, was er machen soll mit dem Tag, kann natürlich auch über Arbeit als solches nachdenken: Was sie uns bedeutet, ganz individuell und als Gesellschaft, hier und anderswo: etwa über die skandalösen Löhne im deutschen Friseurgewerbe (die mittelfristig deutlich verbessert werden), die menschenverachtenden und ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse in der Textilindustrie von Bangladesch und die hochkomplexen Verhältnisse dort, die nicht durch wenige Stellschrauben verändert werden können, wie dieses Interview sehr anschaulich macht. Die Billigkette Primark fürchtet nun nach der Katastrophe um ihr Geschäft - und ihr "Image". Um die Frauen, die trotz offenkundiger Einsturzgefahr zur Arbeit in dem Gebäude gezwungen wurden, sorgte der Konzern sich nicht.